Veranstaltung: | 1. Entwurf Landtagswahlprogramm Mecklenburg-Vorpommern |
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Antragsteller*in: | Schreibgruppe (dort beschlossen am: 28.05.2020) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 21.06.2020, 16:49 |
A5: ECHTE MITBESTIMMUNG
Text
Damit Bürgerbeteiligung keine Ausnahme ist.
Wir BÜNDNISGRÜNEN wünschen uns ein Land, in demdieBürger*innen nicht nur alle
fünf Jahre zur Wahl aufgerufen werden, sondern Antworten auf politische Fragen
auch aktiv mitgestalten können. Bereits jetzt gibt es viele, die sich
außerparlamentarisch und außerparteilich politisch einbringen. Doch oftmals
werden sie von den im Landtag Mecklenburg-Vorpommern vertretenen politischen
Parteien nicht gehört.
Wir wollen Zulassungshürden für Volks- und Bürgerentscheide abbauen, um das
verfassungsrechtlich vorgesehene unmittelbare Mitbestimmungsrecht für
Bürger*innen, das zur Zeit eher nur theoretisch besteht, auch praktisch nutzbar
machen. Direkte Demokratie beugt Politik- und Parteiverdrossenheit vor.
Wir wollen das bestehende kommunale Wahlrecht für Jugendliche ab 16 Jahre auch
auf die Landtagswahl erweitern. Auch Nicht-EU-Bürger*innen, die bereits längere
Zeit in Mecklenburg-Vorpommern leben, sollen das kommunale Wahlrecht erhalten.
Damit wird es mehr Menschen ermöglicht,sich an der Bildung des Landtags oder
desKommunalparlamentszu beteiligen.
Wir wollen die Landespolitik transparenter machen. Denn echte Mitbestimmung
setzt voraus, dass die Bürger*innen über die für sie relevanten Informationen
verfügen.
5.1 Direkte Demokratie erleichtern
In den letzten 30 Jahren sind die Bürgerinnen und Bürger Mecklenburg-Vorpommerns
erst zweimal an die Wahlurne getreten, um mittels eines Volksentscheides direkt
über einen Gesetzesentwurf abzustimmen. Volksbegehren haben in unserem Land kaum
eine Chance, weil dafür lange Zeit 120.000 Unterschriften gesammelt werden
mussten. Auf unseren Druck hin wurde diese Hürde zwar auf 100.000 Unterschriften
gesenkt. Doch auch das ist noch zu viel. Ist ein Volksbegehren erfolgreich, muss
sich der Landtag mit dem Thema befassen. Wenn er sich dem Volksbegehren nicht
anschließt, kommt es zum Volksentscheid und die Stimmberechtigten entscheiden
direkt über den Gesetzentwurf. In M-V ist ein Volksentscheid erst dann
erfolgreich, wenn ein Viertel der Wahlberechtigten dem Gesetzentwurf zugestimmt
hat (früher sogar ein Drittel). Auch das ist noch zu hoch. Ein Zustimmungsquorum
unabhängig von der Wahlbeteiligung führt dazu, dass faktisch nicht die Mehrheit
der Abstimmenden, sondern diejenigen, die gar nicht zur Abstimmung gehen,
entscheiden.
Bei Bürgerbegehrenund Bürgerentscheidenauf kommunaler Ebene ist die Situation
ganz ähnlich.
Wir BÜNDNISGRÜNEN wollen direktdemokratische Verfahren vereinfachen, indem:
(1) die Vorschriften der Landesverfassung über Volksbegehren und Volksentscheide
geändert werden,
•so dassbereitsdieUnterschriften von fünf Prozent der Bevölkerung (derzeit etwa
70.000 Stimmen) für ein erfolgreiches Volksbegehren ausreichen
•so dassein erfolgreiches Volksbegehren automatisch aufschiebende Wirkung hat.
Es darf nicht sein, dass Beschlüsse weiter umgesetzt werden, obwohl sie durch
ein erfolgreiches Volksbegehren zum Thema eines Volksentscheides gemacht worden
sind.
•so dassdie Initiatoren von erfolgreichen Volksbegehren automatisch Rederecht
bei der erzwungenen Landtagsdebatte erhalten. Das gilt auch auf kommunaler Ebene
für Bürgerbegehren.
•so dass bei Volksentscheiden lediglich 25 Prozentder Wahlberechtigten
teilnehmen müssenund eine einfache Mehrheit oder bei Verfassungsänderungen eine
Zwei-Drittel-Mehrheit ausreicht.
•so dassden Initiator*inneneinesVolksbegehrenseine Kostenrückerstattung in Höhe
von 20 Cent pro Ja-Stimmegezahlt wird.
(2) dieVorschriften derKommunalverfassung über Bürgerbegehren und
Bürgerentscheide geändert werden,
•so dassfür ein Bürgerbegehrendie Unterschriften vonfünf Prozent derBürger*innen
oder maximal 4.000Bürger*innenausreichen.
•so dassüber die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens vor dem Start der
Unterschriftensammlung entschieden wird, nicht erst nachdem die
Unterschriftenlisten eingereicht wurden.
• so dassein erfolgreiches Bürgerbegehren automatisch aufschiebende Wirkung hat.
Es darf nicht sein, dass Beschlüsse weiter umgesetzt werden, obwohl sie durch
ein erfolgreiches Bürgerbegehren zum Thema einesBürgerentscheides gemacht worden
sind.
• sodassdie Initiatoren von erfolgreichenBürgerbegehrenautomatisch Rederecht bei
der erzwungenenDebattein der Gemeinde- bzw. Stadtvertretung oder im
Kreistagerhalten.
•so dassden Initiator*inneneinesBürgerbegehrenseine Kostenrückerstattung in Höhe
von 20 Cent pro Ja-Stimmegezahlt wird.
•so dassdas Unterschriftensammeln auch durch Internet-Petitionen möglich wird.
5.2 Verfassung reformieren – Wahlrecht erweitern
16-Jährige sind laut Gesetz bereits seit zwei Jahren in der Lage, ihre Religion
frei zu wählen, Geschäfte zu tätigen und sich für ihre Taten vor Gericht zu
verantworten. Damit traut die Gesellschaft 16-jährigen Menschen zu, bewusste
Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu tragen. Gleichzeitig gesteht sie
ihnen aber nicht die dafür unerlässliche Freiheit des Wahlrechts auf der
Landesebene, sondern nur bei Kommunalwahlen zu.
In Mecklenburg-Vorpommern wohnen ca. 30.000 EU-Bürgerinnen und EU-Bürger
[Quelle: Ausländerregister, Statistisches Landesamt M-V, Stand: 31.12.2018], die
bei Kommunalwahlen wählen dürfen. Darüberhinaus leben aber noch ca. 47.000
Menschen dauerhaft hier, die überhaupt keine Möglichkeit haben zu wählen, weil
sie weder die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen noch EU-Bürgerinnen oder -
bürger sind. Deshalb wollen wir das Wahlrecht für Kommunalwahlen auch für Nicht-
EU-Bürgerinnen und -bürger öffnen.
Mehr „Demokratie wagen” heißt für uns BÜNDNISGRÜNE:
(1)ein Jugendmitwirkungsgesetz zu verabschieden, das verbindlich die
Beteiligungs- und Anhörungsrechte von Kindern und Jugendlichen regelt.
(2) die Landesverfassung dergestalt zu ändern,dassdas Wahlalter für die
Landtagswahl auf 16abgesenkt wird. Über den Bundesrat wollen wir eine Initiative
starten, das Wahlalter auch für die Bundestagswahl entsprechend zu regeln.
(3) das Landes- und Kommunalwahlgesetzdergestalt zu ändern,
• dass dieParteiendarin verpflichtet werden, ihre Kandidatenlisten für Kommunal-
und Landtagswahlen zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern besetzen. Auch hier
wollen wir für die Bundestagsebene eine entsprechende Regelung initiieren.
•dass auchNicht-EU-Bürger*innen das Kommunalwahlrecht erhalten, wenn sie
dauerhaft in Mecklenburg-Vorpommern leben.
5.3 Mehr Transparenz wagen
Ämter und Behörden erheben immer noch Gebühren dafür, dass sie öffentliche
Informationen zur Verfügung stellen. Die wichtige Ausschussarbeit des Landtages
findet in nicht-öffentlichen Sitzungenstatt und selbst die demokratisch
gewählten Volksvertreter*innen dürfen aus diesen nichts berichten. Die
Förderrichtlinien in unserem Land sind undurchsichtig und die Genehmigungswege
verworren. Am Ende ist nicht ersichtlich, wer wofür wieviel Geld vom Land
erhalten hat. Unklar ist auch, welche Unternehmen der Landesregierung Geld haben
zukommen lassen.
Wir wollen die Landespolitik transparenter machen, indem:
• ein Transparenzgesetz nach Hamburger Vorbild verabschiedet wird. Öffentliche
Informationen von Ämtern und Behörden sollen demnach nicht nur kostenfrei
ausgegeben, sondern etwa im Internet für die Öffentlichkeit aufbereitet zur
Verfügung gestellt werden.
• Landtagsausschüsse grundsätzlich öffentlich tagen.
• eine Fördermitteldatenbank ins Leben gerufen wird, in der steht wer, wann, mit
welchem Betrag vom Land gefördert wurde.
• jedes Jahr ein Landessponsoring-Bericht erstellt wird, aus dem hervorgeht,
welche Sponsoren dem Land welche Beträge für welche Projekte gegeben haben.
• alle Verträge zwischen privaten Unternehmen und dem Land veröffentlicht
werden.
• die Landesverwaltung verpflichtet wird, jede Verordnung und
Verwaltungsvorschrift zu veröffentlichen, insofern sie nicht als „geheim”
eingestuft wurde.
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